Kugelspiele
Heute Abend kam bei mir ein Igelchen von 207 g an. Es war gestern ebenfalls tagaktiv aufgefunden worden und der Finder wusste sofort, dass Tagaktivität ein hochgeradiges Warnsignal ist und sicherte das Igelchen.
Die erste Untersuchung bei mir ergab, es ist — Tada! — eine Kugel.
Er oder sie ist die pieksigste und kugeligste Stachelkugel, die ich je erlebt habe. Keine Chance, das Geschlecht zu bestimmen.
Schlimmer noch: ‚Es‘ bleibt Kugel, auch wenn es eine Stunde Ruhe hat im Zimmer. Fressen, Trinken? Sowas tun Kugeln nicht.
Eine Kugel hat auch kein Gesicht. Meint jedenfalls die Kugel.
„Du musst fressen!“, meine ich.
Also musste ich nach Gefühl vorsichtig in die Kugel „hineinstochern“ mit der Fütterungsspritze, um zu versuchen, ob ich ein Mäulchen finde.
„Da ist kein Mäulchen!“, sperrt sich die Kugel mit aller Kraft und die ist nicht wenig. „Doch, da MUSS eines sein!“, beharre ich, „probier‘ doch mal, ist lecker!“
Was soll ich sagen, die Kugel HAT ein Mäulchen: Der erste Milliliter war ein K(r)ampf. „Das ist doof und ich will nicht!“, beharrte die Kugel. „Und schlucken tu ich schon mal gar nicht, vergiss es!“
Die zweite Hälfte des ersten Milliliters schien aber dann doch ein wenig zu schmecken.
„So, nun friss selbst weiter, ich weiß, Du kannst das. Deine Finder haben es verraten!“, sage ich und lasse die Kugel mit Fressnapf alleine — „Träum weiter“, antwortet die Kugel und liegt nach einer Stunde noch immer kugelig in ihrer Schmollecke.
Also gab es gerade eben erneut die Spritze. „Hey, das schmeckt!“, meint die Kugel plötzlich, schlürft den Milliliter auf einmal weg und beißt mir den Füterungsaufsatz von der Spritze. Das toll, denn somit ist der weg. Irgendwo im Inneren der Kugel verschwunden. Ich muss allen ernstes vorsichtig mit der Pinzette nach dem Spritzenaufsatz angeln.
„Muss das sein?!“, schimpfe ich. „Wo bleibt der Nachschlag?! Und geht das mit dem Zusammenbau der Spritze etwas schneller bitte?!“, meint die Kugel.
Was soll ich sagen, das scheint der Anfang einer schönen Fütterungs-Teambildung zu sein. Die Kugel ist immer noch Kugel. Aber jetzt kommt ein kleines Schnütchen herausgefahren, wenn gefüttert wird. Na also!
Da geht noch was…
Technische Eckdaten: 207 g, Kot braun und wurstig. Eine hintere Öffnung hat die Kugel also auch.
In den Folgetagen zeigte sich das Geschlecht — ein „Herrlein“. Gleichzeitig nahm der Winzling aber immer mehr und mehr ab, bei eh schon nur 200 g ist das akut lebensbedrohlich!
Es gibt diesen einen Geruch… Wenn man ins Igelzimmer kommt und eine Igelkiste dann solch einen leicht säuerlichen Beigeruch hat, einen Stich ins „Kotzige“. Für mich ist das der absolute Horrorgeruch, weil ich ihn mit Saugwurm verbinde. Als ich am 18.9. in den Raum kam, ist da dieser Geruch. Dabei sind die Kot-Würste noch wohlgeformt!
Kugel-Herrlein war mittlerweile runter bis auf 196 g, und so bekam er dann von mir – hopp oder top – DronXXX. Er hatte dazu noch ein paar Milliliter Futter gefüttert bekommen bis auf 199 g „Igelgewicht“. Danach hatte er Ruhe, weil ich beim großen Pferde-Tier war. Diese Zeit hat der Zwerg genutzt, um selbst noch etwas zu fressen und war abends dann immerhin wieder auf 202 g. Das reicht noch nicht, also gab es soeben noch mal etwas aus der Spritze drauf, was der Herrlein sehr gern annahm. Ich bin sehr froh, die Richtung stimmt jedenfalls schon mal!
Am 19.9. brachte der von den Findern mittlerweile „Nicolo“ getaufte Igel schon satte 231 g auf die Waage und hatte u.a. ein ganzes Hühnerherz aufgenagt — nicht sooo schlecht für einen solchen Zwerg!
Ab da ging es nur noch aufwärts mit Nicolo, so dass er schließlich ganz gesund wieder ausgewildert werden konnte!