Poldi

9. November 2017

In der Igelgruppe kommt ein Notruf aus Köln Poll herein, während ich beim Schimmeltier im Stall bin: Ein verletzter, kleiner Igel wurde in einer Tierarztpraxis abgegeben — dort mit Infusion und Antibiotikum behandelt (gut so), aber leider auch mit Frontline (tödlich für Igel!).

Igel Poldi, mager und schlapp bei seiner Ankunft
Igel Poldi, mager und schlapp bei seiner Ankunft bei mir

Eigentlich kein Tier für mich, die ich ja noch unerfahren bin. Und zudem kann ich nicht sofort los, weil noch geritten wird. Glücklicherweise holt eine Frau den kleinen Kerl von der Tierarztpraxis ab UND sie badet ihn sofort gründlich mit Spüli. So hat er eine Chance, denn wenn man schnell ist, hat man bei Frontline noch die Chance, es mit Spüli ausreichend abzuwaschen. Die Prozedur ist für Igel allerdings furchtbar stressig und es ist im Grunde eine „Hopp oder top-Entscheidung“: Wird der instabile Igel das Bad überstehen? Aber am Frontline stirbt er sowieso, oft erst nach einer Woche und mit üblen Qualen…

Spät abends fahre ich den kleinen Kerl holen, nach dem Fundort bekommt er den Namen „Poldi“:

Eckdaten: 368 g, männlich,

10. November 2017

Poldi hat in der Nacht gut gefressen. Hatte gestern um 23:00 Uhr bereits 390 g (also Igel inkl. 1. Abendbrot):

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Ab morgens hat Poldi dann zuverlässig geschlafen bis er mittags von mir zur Wundenkontrolle geweckt wurde. Sein „Leergewicht“ lag da dann 395 g, das ist eine schöne Zunahme finde ich.

Er rollt sich ein, auf dem Tisch legt er sich aber meist nur ganz lang ausgestreckt auf den Bauch. Will man aber den Bauch sehen, rollt er dann ein.

Die Wunde ist zum Glück nicht groß, weit hinten am Rücken und es sind alle Stacheln da. Also schlecht dranzukommen und ich habe auch sehr suchen müssen, um sie zu sehen. Mittlerweile hat sich aber eine kleine helle Eiterschicht darauf gebildet. Ich habe mit Rivanol gespült jetzt erst einmal und mit der Lupe geguckt, ob sich etwas bewegt, aber es sieht sauber aus, bis auf die kleine Eiterschicht. Ich habe probiert, das mit einem Ohrstäbchen wegzuwischen, komme aber wegen der Stacheln nicht dran und weil der kleine Kerl da auch dann vor Schmerz wegzuckt und losläuft.

Von der Tierärztin hatte er als Antibiotikum Duphamox bekommen, damit ist er für zwei Tage abgedeckt. Gut so! Nicht so gut: Im Kot war wirklich viel Blut, also sehr deutlich. Mikroskopisch war im Kot aber GAR NIX — in drei Ausstrichen, die wir angeguckt haben war nicht ein Ei. Das lässt auf Darmsaugwurm vermuten und der wäre tödlich. Darum gibt es — obwohl ich es wegen des Frontlines sehr ungern tue – eine Viertel Tablette Droncit.

16. November 2017

Kot-Analyse von Poldi

Die Kotanalyse ist da: Poldi hat doch etwas zu viele Lungenwürmer, als dass man dies tolerieren könnte. Er hat davon mittlerweile auch schon einen deutlichen Husten bekommen. Es hilft alles nix: Er muss dagegen etwas bekommen.

Beim Tierarzt gibt es daher nun Levamisol, die zweite Dosis bekommt er dann von mir — mit zittrigen Fingern, denn ich habe einen Mordsrespekt vor dem Zeug. Zu Recht! Aber Poldi übersteht es ganz gut.

21. November 2017

Poldi hustet gar nicht mehr. Der Rücken ist ebenfalls abgeheilt. Deshalb hat er heute das letzte Mal Dupha bekommen. Auch Bisolvon setze ich nun ab! Sein Gewicht war heute 545 g (netto ;-)). Alles bestens also! freu

Was mir aber wirklich etwas Sorgen macht bei Poldi, ist: Er ist ziemlich blöde.

1.) Er läuft über Zoophobas einfach hinweg. Die krabbeln munter unter seiner Nase durch und er ignoriert sie oder kann nix anfangen mit ihnen. Wie will er sich in Freiheit ernähren?

2.) Er baut kein Nest. Er nutzt nicht die Eingänge seines Häuschens, sondern krabbelt drunter her, kippt es um, hat dann kein Schutzhäuschen mehr… er baut sich dann aber auch kein Nest aus den Papierfetzen. Weder im Haus, noch außerhalb. Er liegt dann einfach platt auf allem drauf.

Für die Freiheit muss er noch viiiiel lernen…

28. November 2017

Poldi hat soeben seine 17-Tage-Droncit-Wiederholung brav gefressen. Mittlerweile hat er auch 600 g, so dass ich auch bei ihm jetzt das Futter etwas reduziere: Erst mal auf ca. 100 g, mal sehen, wie er damit hinkommt.

Poldi hatte von Anfang an wie ein Schweizer Uhrwerk täglich 10-12 g zugenommen, nur unter Leva stets einmalig abgenommen. Seltsamerweise hat er dann NACH dem Leva aber sprunghaft wieder zugenommen jeweils. Und zwar massiv, 50 g beispielsweise. Das ist aber nicht sehr verwunderlich, denn Levamisol wirkt appetitanregend.

Poldi hat die Zophoba-Dose geöffnet

Und noch eine Veränderung: Er frisst jetzt auch die Zoophobas. Also er sucht sie (jagen würde ich das nicht nennen) und frisst sie dann 👍 und er baut sie ein Nest!

Einmal hatte ich die Dose mit den Riesenmehlwürmern unter der Heizung stehen lassen, als Poldi „Freigang“ hatte, während ich sein Chaos in der Box wieder aufräume und saubermache.

Da hat er doch tatsächlich die Dose „geknackt“ (sie war nicht richtig verschlossen): Das gab ein Fest! Nur, wie die ganzen Späne wieder aus dem Stachelkleid herausgehen sollen, ist mir ein Rätsel…

​27. Dezember 2017

Poldi schläft noch immer nicht.

Poldi in seinem Winterschlaf-Käfig

Da fällt mir ein, dass der Herr Li sich vor vier Jahren mal eine IP-Kamera gewünscht hatte… Tatsächlich findet sie sich in den Tiefen verstaubter Spielzeugtruhen. Und sie kann Nachtlichtaufnahmen und hat sogar Bewegungs- & Geräuschsensoren sowie eine daran gekoppelte Alarmfunktion. Und das Beste: Dank Rücksetzfunktion lässt sich die Kamera auch wieder einrichten.

Und dann reicht das WLAN sogar noch knapp bis in die Werkstatt!

10. April 2018

Längst ist Lou wach, aber Poldi schläft und schläft und schläft. Ich mache mir Sorgen, immerhin ist er (mit Lou zusammen) mein erster Überwinterungsigel und ich habe noch nicht die Erfahrung, wie hartnäckig die Stachler schlafen können!

Dabei war Poldi vor einigen Wochen schon mal kurz wach, hat dann aber nur an der Zeitung gezupft und ist wieder schlafen gegangen. Vor etwa drei Tagen habe ich dann mal vorsichtig in das Häuschen gefühlt, um zu sehen, ob er überhaupt noch lebt.

Als ich ihn inmitten des (übrigens wirklich ganz kalten) Strohs erfühlte, gab er einen Grummellaut von sich. Die Bedeutung des Lauts kenne ich, denn es war die Sorte Laut, die auch mein Mann von sich gibt, wenn ich am Wochenende die Vorhänge öffnen möchte. Nur dass es bei Poldi (noch) gruseliger klang: Bei Vinnie- kommt der Laut irgendwo aus den Kissen, bei Poldi schien er durch den Boden direkt aus der Mitte der Erde zu kommen!

Ich habe dann „die Vorhänge lieber zu gelassen“, soll heißen, den Poldi in Ruhe. In der Nacht drauf fraß er dann einen knappen halben Teller Futter. Seitdem ist er wieder in seiner Schlafhöhle geblieben.

Im Schuppen ist es mittlerweile recht warm, nachts sowieso wärmer als draußen. Und ich mache mir schon ein wenig Sorgen…

23. April 2018

Eeeendlich ist Poldi wach geworden!

Schmal sieht er aus, doch er hat immerhin 765 g — und er ist sehr gut drauf. Hungrig natürlich auch! Morgen kommt er ins Freigehege!

3. Mai 2018

Poldi macht mich fertig: Ich sah gestern früh, dass er fast nichts oder nur sehr wenig von seinem Essen gefressen hatte. Ich machte mir schon etwas Sorgen habe aber gestern Abend wieder ganz normal hingestellt und heute Morgen finde ich es unangetastet!

Also habe ich dann heute Vormittag mal vorsichtig in die Kiste gefasst und nach ihm gefühlt. Da war er da, fühlte sich aber sehr unbeweglich an und kühl. Meine Sorge war, dass er jetzt schon wieder einschlafen will.

Deshalb bin ich jetzt gerade nach hinten gegangen, um nach ihm zu sehen und ihn notfalls hereinzuholen, weil mir das mit diesem Dauerschlafen doch komisch vorkommt.

Auf dem Weg nach hinten finde ich an Kevins Freigehege einen sehr schmalen kleinen Igel sitzen. Beide Igel (Kevin innen, der kleine Igel außen sitzend) fauchen sich ordentlich an. Ich hab dann nur im Vorbeigehen ein paar Mehlwürmer hin geworfen, weil ich den kleinen Igel nicht verscheuchen wollte. Allerdings ist er natürlich trotzdem weggerannt.

Igel-Freigehege
Poldis Freigehege – eigentlich ein toller Abenteuerspielplatz für Igel – sogar mit „zwei Etagen“ und spannendem Totholz.

Ich gehe also weiter zu Poldis Freigehege im Nebengarten und sehe, dass dort diesmal alles aufgegessen ist. Gottseidank! Ich suche ein wenig den Käfig ab, finde keinen Poldi, aber ein Loch unter dem Zaun — unter dem Unterbuddelungsschutz durchgebuddelt! Kurzum, ich bin mir fast sicher, dass dieser sehr schmale kleine Igel bei Kevin Poldi war und ich kann jetzt nur hoffen dass Poldi wieder zurück in sein Freigehege findet, wenn ich ihm das Futter da jetzt hinstelle. Und dass ich ihn dann morgen dort doch etwas besser sichern kann.

Aber dieser kleine Poldi ist wirklich eine Besonderheit und ein Kobold und er hält mich echt auf Trab! ❤️❤️❤️

4. Mai 2018

Ich könnte anfangen, ein Buch zu schreiben: Während ich gestern Abend noch die ersten Futterrationen vorbereite und parallel dazu die Kiste von Mecci mit Kochendem Wasser abgieße, höre ich plötzlich aus dem Garten hinten ein furchtbares Geschrei. Ich dachte, da wird eine Katze gequält, renne hin und sehe einen dicken fremden Igel (unmarkiert), der einen anderen kleineren Igel (evtl. den von vorher/Poldi?) angeht. Das Ganze im Durchgang zwischen Kevins Gehege (Kevin munter mitfauchend) und dem Futterhaus. Der Dicke rammt den Kleinen richtig weg und dann beißt er den auch noch heftig. Ich renne zum Haus, hole mir Handschuhe, renne zurück und greife mir den Angreifer. Hole ihn nach vorn und setze ihn in eine Kiste, „Du bleibst mal kurz hier“, renne zurück, um das Opfer auf Bisswunden zu untersuchen – aber das ist schon weg. Also den Rambo kurz angesehen und gewogen. Und natürlich glatt vergessen zu gucken, ob es Mädchen oder Junge ist. Ich tippe aber auf Kerl, so wie der sich aufführte! Dann bekam er einen grauen Fleck in den Nacken und ich setzte ihn vorn neben dem haus wieder raus, damit das Opfer hinten noch mehr Zeit hat, sich in Sicherheit zu bringen. Vorn war bis zum großen Geschrei nur der dicke Willy gewesen, dem ich zutraute, sich besser wehren zu können. Ich bin dann doch noch mal nach hinten gegangen und habe nach etwas Horcherei den anderen Igel noch gefunden. Auch gewogen, gekennzeichnet (blau im Nacken) und wieder rausgesetzt. Ein Kerlchen – evtl. ja Poldi.

Und während ich den Kleinen zurücksetze, höre ich Faucherei von Dubby (Dubby hat eine ganz eigene Art, vor sich hin zu fauchen, wenn ihm etwas nicht passt oder wenn sich ein Mensch auch nur nähert. Dubby kommt fauchend ANgerannt, wenn man das Futter hinstellt! 🤣 Dubby faucht auch Effi an, also da hängt jetzt auch der Haussegen nicht mehr gerade. Ich werde sie beide heute besser trennen, denke ich… Haben die alle schon Hormonstau?

Eine halbe Stunde später stehe ich vor der Haustür, wollte die mittlerweile getrocknete Kiste für Mecci wieder herrichten, da kommt plötzlich der dicke Willy angewatschelt, rennt um die Ecke, läuft zwischen meinen Pantoffeln durch (!) und weiter in Richtung Teiche. Und direkt hinterher kommt Mr. (?) Rambo, mit erhobener Schnauze heftig schnüffelnd, rennt erst an der Hauswand nach hinten, dreht und kommt dann die Strecke entlang, die Willy gerade gelaufen ist. Wirft einen kurzer Blick durch die Haustür in den beleuchteten Flur(!), dann ebenfalls durch meine Beine und weiter Richtung Teiche. Ich glaube aber, er hat Willy nicht gefunden, jedenfalls gab es kein Geschrei oder Kampfgeräusche. Aber wie der Rambo schon lief, wie so ein in Testosteron gebadeter Bodybuilder, mit breiten Hinterbeinen! Plus die superwichtig erhobene und aufgeregt schnüffelnde Nase… Und mitten durch meine Beine. Ich war echt perplex. Hoffentlich mischt der mir nicht den ganzen Garten auf, eins der Mädels muss den unbedingt mal ranlassen, im Sinne des Friedens.

Das Futter habe ich nun aus Sicherheitsbedenken an vielen Stellen verteilt, anstatt es nur in der Futterkiste anzubieten.

Poldi jedenfalls ist wohl eher nicht zurückgekehrt, zumindest blieb das Futter unangetastet. Dabei wäre das Gehege ein sicherer Platz, der dicke Rambo zumindest würde nicht durch den schmalen Durchschlupf passen… 😉